2012 – die vierten Burggespräche

Meteor über Schloss Albrechtsberg; Credit: Sebastian Voltmer

Vom 10. bis 12. August 2012 sah das Schloss Albrechtsberg, gelegen im gleichnamigen Ort in Niederösterreich, die inzwischen vierten „Burggespräche“.

Bild: Meteor über Schloss Albrechtsberg; Credit: Sebastian Voltmer

Jerry und Letty Bonnell, Shadi, Babak Tafreshi; Credit: Robert Situm
  • Aus den USA war Jerry Bonnell, angereist. Er ist Mitbegründer des weltbekannten Astronomie-Bildblogs APOD
  • Außerdem Babak Tafreshi, Mitgründer von TWAN. Er stammt aus dem Iran, kam aber aus Saarlouis, wo er seit einem Jahr lebt.
  • Und schließlich Heinz Oberhummer, Atomphysiker, Universitätsprofessor und Mitglied des Wissenschaftskabaretts „Science Busters
Jerry Bonnell, Maria Pflug-Hofmayr, Babak Tafreshi; Credit Johannes Stübler


Organisiert und durchgeführt wurde die Veranstaltung diesmal vom neu gegründeten Förderkreis für Raumfahrt und Astronomie „Der Orion“. Wer hier eine enge Verbindung mit der gleichnamigen Internetplattform „Der Orion“ vermutet, hat ins Schwarze getroffen. Die Organisatorin war wie immer Maria Pflug-Hofmayr, zur Seite standen ihr Monika Fischer und Eugen Reichl.

Ort des Geschehens war auch diesmal das Schloss Albrechtsberg an der Pielach (Wikipedia). Im Kern ist das Gebäude 900 Jahre alt. Ein verwinkeltes Spukschloss mit unzähligen Räumen, Kellern, Nischen, Speichern und Schlossgespenstern und jedes Jahr eine einzigartige Kulisse für die Burggespräche.

Die Burggespräche bieten Wissensvermittlung mit Theorie und Praxis, dazu haben TeilnehmerInnen viel Gelegenheit, sich miteinander in gemütlicher Atmosphäre über den Weltraum auszutauschen.

Freitag, 10. August: Führung Stift Melk

Führung im Stift Melk; Credit: Bernhard Dewath
Führung im Stift Melk; Credit: Bernhard Dewath
Schlossführung; Credit: Gerwin Sturm
Nachtgespräche; Credit: Robert Situm
Nachtgespräche; Credit: Robert Situm

Die Burggespräche begannen Freitagmittag mit einer Exklusivführung durch das Stift Melk. Geführt von Paul Beck, der dem Orion seit Jahren verbunden ist (er schreibt für den Orion unter dem Pseudonym „Astronomicus“), konnten die TeilnehmerInnen einen Blick auf die wahrscheinlich ältesten astronomischen Schriften Europas werfen, darunter eine verblüffend gut erhaltene astronomisch-kalendarische Handschrift, die um das Jahr 825 verfasst wurde. Sie diente einst zur Berechnung der Osterfeiertage (und war, das nur am Rande, alles andere als genau).

Besonders interessant war ein Fragment, das bei der Restaurierung eines Buches der Melker Sammlung gefunden worden war. Es handelt sich um eine schematische Darstellung der Entstehung von Sonnen- und Mondfinsternissen. Das Fragment war seinerzeit von den Mönchen, in Verkennung des Wertes des Buches, aus einer Handschrift herausgerissen worden, um ein anderes Buch im Falz zu verstärken! Erstaunlich bei diesem 500 Jahre alten Relikt ist die Frische der Farben.

Die Bilder können sie mit einer rot-blauen Brille betrachten. Sie stammen von Bernhard Dewath, es folgt demnächst eine umfangreiche Sammlung der Bilder, die er an diesem Wochenende fotografiert und bearbeitet hat.

Die mehrstündige Besichtigung führte die TeilnehmerInnen und Referenten in Anlagen des Stifts, die für das „normale“ Publikum für gewöhnlich gesperrt sind. Danach machte sich die Gruppe wieder auf den Rückweg zum nur fünf Kilometer entfernten Schloss Albrechtsberg.

Nach Einbruch der Dunkelheit führte Michael Weinberger, der Sohn der Burgbesitzer, die mit Kerzen ausgerüstete Schar der BesucherInnen durch das Renaissanceschloss – nicht nur die gut ausgestatteten Prunkräume im Obergeschoß, sondern auch die gruseligen Kellergewölbe. Nicht ohne Ironie verwies Michael auf sein T-Shirt mit der Aufschrift „Sie befinden sich in einer luxusfreien Zone.“

Samstag, 11. August: Babak Tafreshi, Heinz Oberhummer und die Perseiden

Babak Tafreshi; Credit: Robert Situm
Die Stereobilder des ersten Tages werden bestaunt; Credit: Johannes Stübler
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Publikum beim öffentlichen Vortrag; Credit: Maria Pflug-Hofmayr
Gruppenbild; Credit: Michael Weinberger

Der Samstag war großteils dem Workshop von Babak Tafreshi gewidmet. Er ist Gründer von „The World at Night“ (TWAN) und vor allem Astrofotografen ein Begriff. TWAN-Bilder zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Sternenhimmel immer zusammen mit der Landschaft oder einem markanten Bauwerk im Vordergrund festhalten. Als Aufnahmegerät dient meist eine einfache Spiegelreflexkamera.

Babak spannte den Bogen von den Grundlagen der Nachtfotografie im TWAN-Stil zu Detailfragen für die Fortgeschrittenen unter den TeilnehmerInnen wie zum Beispiel Nachführmöglichkeiten für Spiegelreflexkameras.

Highlight am späten Nachmittag war der öffentliche Vortrag von Prof. Heinz Oberhummer, Mitglied der Wissenschafts-Kabarettgruppe „Science Busters“, die in Österreichs Medien sehr präsent sind. Er berichtete über „Conan das Bakterium“, warum es sich bei diesen Lebewesen vielleicht um Aliens handelt, und dass es ein ganz spezielles Verhältnis zu Alpakas hat. Mit diesem Vortrag wurden die Burggespräche erstmals einem breiteren Publikum zugänglich gemacht.

Nach Heinz Oberhummer gab es den schon traditionellen Grillabend. Danach kam das astronomische Highlight der Veranstaltung: Beobachtung der Perseiden (und, quasi als „Bonusmaterial“, auch der ISS). Die Voraussetzungen dafür waren denkbar günstig: der Mond sollte erst in den Morgenstunden über den Horizont steigen, somit war die Nacht zumindest dunkel genug für die Beobachtung.

In letzter Minute entschloss sich auch das Wetter, mitzuspielen. Hatte es am Morgen noch geregnet, klarte es tagsüber mehr und mehr auf. Bei Einbruch der Nacht waren nur noch wenige Wolken am Himmel, und der Regen in den Stunden zuvor hatte bewirkt, dass die Luft wie blank geputzt und die Luft ruhig war, sodass die Sterne kaum flimmerten. Das breite Band der Milchstraße war so deutlich zu sehen wie sonst nur in klaren Winternächten. Hilfreich kam der späte Aufgang des Mondes hinzu, die erste Nachthälfte war relativ dunkel.

Gegen 22:00 Uhr brach die Gruppe zum benachbarten See auf, die Astrofotografen brachten dort ihre Geräte in Stellung. Babak Tafreshi unterstützen jeden, der um Hilfe bat. Bei dieser Gelegenheit machte einer der Gäste, der Dokumentarfilmer Sebastian Voltmer, ebenfalls ein bekannter Astrofotograf und guter Freund von „Der Orion“.

Gegen zwei Uhr morgens war auch die letzte Wolke vom Himmel verschwunden – das Signal für Monika Fischer, ihr Celestron 8 aufzustellen. Für die Astro-Novizen unter den TeilnehmerInnen war es ein besonderes Erlebnis, einmal den Andromeda-Nebel zu beobachten (der im Übrigen auch mit bloßem Auge gut zu erkennen war), M13 im Herkules, den Ringnebel in der Leier, Jupiter mit allen vier Galileischen Monden, und schließlich kurz vor dem Morgengrauen auch noch den abnehmenden Mond.

Die Letzten, die von der Beobachtungstour ihren Weg ins Schloss zurückfanden – gegen fünf Uhr morgens – waren Babak Tafreshi und Sebastian Voltmer. Für kurze Zeit kam das Schloss in der Morgendämmerung zur Ruhe.

Sonntag, 12. August: Workshop Jerry Bonnell

Jerry T. Bonnell; Credit: Gerwin Sturm
Das nächtliche Schloss; Credit: Gerwin Sturm
Sebastian Voltmer fotografiert die
Mondaufgang, mit Jupiter und Plejaden; Credit: Gerwin Sturm

Obwohl die OrganisatorInnen und viele der TeilnehmerInnen sich fast die ganze Nacht um die Ohren geschlagen hatte, fiel es nicht sonderlich schwer, am nächsten Morgen aufzustehen. Nach den frischen Frühstücksbrötchen war das Wort an Jerry Bonnell, dem Mitherausgeber von „Astronomy Picture of the Day“. Er war aus den USA angereist, um den TeilnehmerInnen der Burggespräche eine Tour durch das Universum in einem hypothetischen, gut abgeschirmten Raumschiff zu bieten, auch an so entlegene Orte wie Schwarze Löcher oder planetarische Nebel. Neben den tollen astronomischen Aufnahmen war vor allem der Blick hinter die Kulissen von APOD sehr interessant.

Maria Pflug-Hofmayr konnte dazu einiges beisteuern, weil sie seit bereits fünf Jahren APOD täglich vom Englischen ins Deutsche übersetzt.

Nach dem Mittagessen war es Zeit für den Abschied.

Doch es gilt: Nach den Burggesprächen ist vor den Burggesprächen. Der Termin für die nächste Veranstaltung steht bereits fest, Schloss Albrechtsberg ist schon gebucht. Die fünften Burggespräche finden von 9. bis 11. August 2013 statt. Voranmeldungen dafür werden etwa ab Januar 2013 gerne entgegengenommen. Wie immer ist die TeilnehmerInnenzahl auf zirka 26 Personen beschränkt – wer garantiert einen Platz ergattern möchte, wird gerne unverbindlich auf eine Warteliste gesetzt.

Weitere Quellen im Netz:

Luna, Astra und Nox